Persönliche Geschichten von Frauen, die für unsere Kooperativen in Madagaskar und andernorts arbeiten, haben für uns begreifbar gemacht, was abstrakte Zahlen belegen: In vielen Entwicklungsländern stirbt noch immer fast jede hundertste Mutter bei der Geburt, mit ihr oft das Baby. Geschwisterkinder bleiben ohne Mutter zurück.

In Europa haben wir durch die professionelle Begleitung der Mütter während der Schwangerschaft, unter anderem durch gut ausgebildete Hebammen, die Sterblichkeit massiv reduziert.  Noch stirbt eine Frau auf 10’000 Geburten. Dies ist ein 100-mal kleineres Risiko als in der Sahelzone! Der Grund: In den ärmsten Ländern der Welt gibt es zu wenige Geburtshelferinnen. Vor allem in ländlichen Gebieten haben die Frauen keine vorgeburtlichen Kontrollen und gebären ohne medizinische Unterstützung. Hinzu kommt: Auch wenn Mutter und Kind überlebt haben, hat die Mutter aufgrund fehlender oder falscher Geburtsbegleitung womöglich so starke Verletzungen erlitten, dass sie ihr Leben lang unter Schmerzen, oft einhergehend mit Stigmatisierung, leidet. Eine ausgebildete Hebamme kann sehr viele Schwangerschaften von Anfang an begleiten, Komplikationen früh erkennen und mit professioneller Betreuung während und nach der Geburt die Überlebenschancen von Mutter und Kind massiv erhöhen. Zudem besprechen die Hebammen die weitere Familienplanung mit den Frauen und klären sie über Verhütungsmethoden auf. 

Das 1974 gegründeteHamlin Fistula Ethiopia Hospital and College of Midwives, das primär für die Behandlung von schweren (in Europa praktisch nicht bekannten Geburtsverletzungen) initiiert wurde, baut am Fundament einer medizinischen Geburtsbegleitung in Äthiopien.

Im November 2007 begann das Hamlin College of Midwives mit der Ausbildung der ersten Hebammen-Studentinnen. Mädchen, die sich für die Gesundheit von Müttern interessieren und Vorbereitungskurse absolviert haben, werden landesweit aus ländlichen Schulen in den Gebieten ausgewählt, in denen der grösste Mangel an Geburtshelferinnen herrscht. In einem strengen und umfangreichen Bachelor of Science-Studiengang werden die Studentinnen während vier Jahren in Theorie und Praxis ausgebildet. Einige von ihnen können während des Studiums bereits mehr als 100 Geburten begleiten. Nach ihrem Abschluss kehren die Hebammen in ihre ländlichen Provinzen zurück – dorthin, wo sie mit den Menschen und der Sprache vertraut sind. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie bleiben, und bietet einer Bevölkerung mit sehr dürftigem medizinischen Angebot langfristige Hebammendienste. 

Neben Geburtshilfe und Anatomie stehen auch Fächer zur Sozialkompetenz auf dem Lehrplan – denn die Hebammen werden in ihren Dörfern als College-Absolventinnen automatisch eine Vorbildrolle einnehmen. Der Zugang zu allgemeiner und beruflicher Bildung vermittelt den jungen Frauen die Fähigkeit und das Selbstvertrauen, anderen in ihrer Gemeinschaft zu helfen, stärkt ihre Rolle in Führungspositionen und ermutigt andere Mädchen, ihnen nachzueifern: Sie sehen, wie Bildung ihnen die Entscheidungsgewalt über ihre eigene Zukunft und die ihrer Kinder ermöglicht. 

Dass seit 2010 keine Frau, die von einer Hamlin Hebamme betreut und begleitet wurde, bei der Geburt ihres Kindes verstorben ist, ist der grösste Erfolg des Hamlin College of Midwives. Das Ziel ist klar definiert: Jeder schwangeren Frau in Äthiopien soll eine Hebamme an die Seite gestellt werden.

 

Aden Gebremedhin Mebrahatu

Aden Gebremedhin Mebrahatu

... begann im September 2017 mithilfe des farfalla Hebammenstipendiums ihr Studium. Aden kommt aus Abi Adi in der Tigray-Region im Norden Äthiopiens und ist die erste in ihrer Familie, die studiert. Im ersten Semester hat sie bereits die Vorsorgeuntersuchungen für 65 Schwangere geleistet und gelernt, einfache Geburten zu begleiten. Wir freuen uns, mit Aden im Austausch zu stehen und ihr Studium nicht nur finanziell zu begleiten.

Aden im Jahr 2020

Aden im Jahr 2020

Adens Leistungen in den vergangenen Studiensemestern waren stets sehr gut und sie konnte bereits einige normale Geburten begleiten. Dann hat die Pandemie leider auch das Hebammen-College dazu veranlasst, die Studentinnen in ihre jeweilige Heimat zurückzuschicken. Nach wenigen Wochen sollte der Unterricht wieder aufgenommen werden, wofür alle COVID-Massnahmen getroffen wurden. Dann kam der Bürgerkrieg zwischen der äthiopischen Zentralregierung und der Region Tigray dazwischen: Zwischenzeitlich musste das College geschlossen.

Congratulations, Aden!

Congratulations, Aden!

Im Dezember 2021 gratulieren wir unserer Hebammen-Stipendiatin Aden zum erfolgreichen Abschluss ihres Studiums!
Aufgrund des aktuellen Konflikts in ihrer Heimtaregion Tigray kann Aden aktuell nicht zurückkehren und wie geplant ihren Beruf dort ausüben, da die Region als Zentrum der militärischen Auseinandersetzungen abgeriegelt ist. Vorübergehend sucht sie nun eine Anstellung in der Hauptstadt. Wir wünschen ihr alles Gute für ihre Zukunft!

Wir haben die farfalla Hebammen-Hilfe ins Leben gerufen, um ganz konkret und unmittelbar die Müttersterblichkeit in den ärmsten Ländern der Welt zu reduzieren. Mit jedem gekauften farfalla Produkt wird die mehrjährige Ausbildung einer Hebamme in besonders betroffenen Ländern unterstützt, welche danach Mütter und ihre Babys vor, während und nach der Geburt begleitet. Unser erstes Stipendium läuft in Äthiopien, da die Problematik dort besonders dringlich ist,  das dortige Hamlin-College eine fundierte Ausbildung gewährleistet (in Zusammenarbeit mit Greenlamp). Geplant ist, unser Engagement nach und nach auf andere Länder auszuweiten. Für einen gesunden Start ins Leben – überall auf der Welt.

Photos: Greenlamp